Selbsterfahrung im Rollstuhl - Gemeinde plant erste Schritte für barrierefreies Kipfenberg
Pressemitteilung

Selbsterfahrung im Rollstuhl - Gemeinde plant erste Schritte für barrierefreies Kipfenberg

Kipfenberg

Eine ungewöhnliche Gruppe kämpfte sich am vergangenen Freitagabend durch die Straßen von Kipfenberg. Bürgermeister Christian Wagner, Zweite Bürgermeisterin Sabine Biberger und die Gemeinderatsmitglieder Sabine Jarisch und Robert Feuerlein machten sich im Rollstuhl von der Klinik auf den Weg zum Marktplatz. Das Thema Barrierefreiheit war der Grund für diese ungewöhnliche Aktion.

In Kipfenberg gibt es viele Hindernisse, doch das soll anders werden. Gemeinsam mit Mitarbeitern des Querschnittzentrums der  HELIOS Klinik Kipfenberg wollen sie etwas für behinderte und ältere Menschen in Kipfenberg tun. „Wir haben das Thema für uns erkannt und wollen es angehen“, sagt Jarisch. „Und wir möchten es gleich richtig machen und beziehen die Menschen ein, die davon betroffen sind.“

Unfallgefahren für Gehbehinderte

Ein Gespräch mit Patienten und den Mitarbeitern der HELIOS Klinik Kipfenberg sollte dabei helfen die Problemfelder auszumachen. Dr. Matthias Ponfick, Oberarzt des Querschnittzentrums, Barbara Polzer, Stationsleitung und die Teamkoordinatorin Sabine Kiebler hatten die Idee zur Selbsterfahrung. Und der Plan ging auf. Die kleine Gruppe hatte es schwer auf dem unebenen Pflaster, kämpfte sich über die Steigung bis zum Marktplatz und blieb an den Bordsteinen hängen.

„Das kann richtig gefährlich werden. Als Fußgänger springe ich mal schnell zur Seite, wenn ein Auto kommt – ein Rollstuhlfahrer kann das natürlich nicht“, sagt Biberger. „Wir müssen unbedingt etwas tun!“ Christian Wagner stimmt uneingeschränkt zu: „Wir werden den Marktplatz und das Rathaus umgestalten, das ist beschlossene Sache.“ Und wenn die Pläne dafür stehen, wolle er sie mit den Mitarbeitern und Patienten der Klinik durchsprechen lassen. Zwar habe er durch diese Aktion gesehen, wo es heute überall hackt, letztlich fehle ihm aber das konkrete Wissen.

Leben mit Hindernissen

Die eigentlichen Experten sind die Patienten der Klinik. So wie Mario Petzendorfer werden sie jeden Tag mit den Problemen einer Behinderung konfrontiert. „Noch vor einem halben Jahr habe ich mir selbst keine Gedanken über das Thema gemacht, aber nach meinem Motorradunfall sitze ich im Rollstuhl und ständig vor neuen Hindernissen“, sagt der Querschnittpatient. In der Klinik fühle er sich manchmal wie eingesperrt. Der Weg zum Marktplatz sei eine echte Herausforderung.

Die Patienten der Klinik sind bis zu einem Jahr in Kipfenberg und kämpfen sich Stück für Stück ins Leben zurück. Dazu gehören auch alltägliche Dinge wie Essen gehen, Einkaufen oder Apothekenbesuche. Die bauliche Situation mache solche Unternehmungen aber extrem schwierig. „Es ist wichtig, dass wir ein Bewusstsein dafür schaffen“, betont Petzendorfer. Es ginge nicht alles auf einmal, dass sei allen klar. „Wichtig ist nur, dass man merkt, dass das Thema interessiert und dass man anfängt etwas zu ändern.“