Warum Lob nicht nur Chef-Sache ist
Konfliktmanagement

Warum Lob nicht nur Chef-Sache ist

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Konflikte am Arbeitsplatz belasten. Sie können sogar die Gesundheit beeinträchtigen. Dabei gibt es verschiedene Wege, Meinungsverschiedenheiten konstruktiv zu nutzen.

 

Mehr als jeder zweite Deutsche fühlt sich häufig oder manchmal gestresst – so das Ergebnis einer aktuellen Studie einer Krankenkasse. Für 47 Prozent der Gestressten wiederum ist der Job Stressfaktor Nummer Eins, jeder fünfte Arbeitnehmer empfindet dabei Konflikte mit dem Chef oder Kollegen als besonders belastend. "Der sogenannte Beziehungsstress wirkt nach, weil er es schwierig macht abzuschalten. Das liegt daran, dass unsere Distanzierungsfähigkeit abnimmt, wenn uns persönliche Konflikte nahegehen", erklärt Dr. med. Volker Reinken, Ärztlicher Direktor der auf psychosomatische Erkrankungen spezialisierten Helios Privatklinik Allgäu, der mit seinem Team regelmäßig Vorträge am Helios Prevention Center (HPC) hält.

Wie kommt es aber, dass Konflikte im Job den einen stärker belasten als den anderen? Eine wichtige Rolle spielt dabei die sogenannte Gratifikation, also Wertschätzung. "Wer sich im Beruf wertgeschätzt fühlt, kann oft auch mit Konflikten besser umgehen. Zum Stressfaktor werden Konflikte hingegen, wenn das eintritt, was wir als Gratifikationskrise bezeichnen: Erlebt der Arbeitnehmer, dass sein Einsatz nicht mehr anerkannt wird, kann das langfristig gesundheitliche Auswirkungen haben." Loben sollte daher nicht nur Chef-Sache sein, so der Rat des Chefarztes. Auch Teammitglieder untereinander könnten sich durch positive Resonanz stärken. Neid, fehlende Kooperation, mangelnde Kommunikation, ständiger Termindruck oder die Angst um den eigenen Arbeitsplatz hingegen erhöhen das Risiko für Konflikte.

Unstimmigkeiten sind normal

Es lassen sich drei Konfliktformen unterscheiden: der Teamkonflikt, der Zweipersonenkonflikt sowie der individuelle Konflikt. Teamkonflikte werden durch die verschiedenen Rollen der Mitglieder ausgelöst, weil beispielsweise der Entscheider in einer Gruppe etwas durchsetzt, was für die umsetzenden Teammitglieder nicht nachvollziehbar ist. Zweipersonenkonflikte entstehen dort, wo Personen eng zusammenarbeiten, deren persönliche Einstellungen nicht gut zueinander passen. "Ist ein Kollege zum Beispiel wertkonservativ und möchte Angestammtes bewahren, während der andere eher innovativ ist und auf das Neue setzt, kann das zu Konflikten führen", sagt Dr. Reinken. Individuelle Konflikte hingegen haben ihre Ursache oft in Frust, Terminstress, Unvermögen oder einer negativen Grundeinstellung.

Egal, ob Konflikte im Job oder Privatleben auftreten, wichtig ist, dass allen Beteiligten bewusst ist: Unstimmigkeiten sind normal. "Während es sich bei Paaren aber um gleichwertige Partner handelt, ist bei Konflikten im Beruf in der Regel eine klare Hierarchie zu beachten", so der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Gleich ist beiden Lebensbereichen hingegen die hohe Bedeutung von Wertschätzung und Lob.

Gelöst werden sollten Konflikte immer. Denn: Gerade im Job können unausgesprochene oder unbewältigte Konflikte die Motivation und damit die Produktivität der Mitarbeiter senken, schlimmstenfalls sogar krank machen. Doch wie lässt sich ein Konflikt erkennen, der nicht offen ausgetragen wird? "Ein Indikator dafür ist beispielsweise, wenn sich das Verhalten von Mitarbeitern ändert, ihre Krankentage zunehmen oder die Arbeitsproduktivität abnimmt. Aber auch eine schlechte Stimmung kann darauf hinweisen." Gut beraten ist, wer solche Umstände offen anspricht. Werden Konflikte nämlich geklärt, bedeuten sie auch immer eine Chance für das Team. Im Idealfall steht am Ende eines solchen Prozesses eine Win-Win-Situation, mit der also beide Seiten gewinnen. Der Mitarbeiter, der sich durch einen Dialog über seine Bedürfnisse ernst genommen und damit wertgeschätzt fühlt – und das Unternehmen, das von der Arbeit eines zufriedenen Mitarbeiters profitiert.

Fünf Tipps zum Umgang mit Konflikten am Arbeitsplatz

  • Teammitglieder sollten wissen: Konflikte sind normal. Entscheidend ist jedoch, Differenzen offen anzusprechen.
  • Zur Lösung von Konflikten kann Unterstützung nötig sein; im Zweipersonen-Konflikt beispielsweise durch eine Mediation; beim individuellen Konflikt kann ein Coaching helfen.
  • Sehen Sie Konflikte als Chance und schätzen Sie sie wert. Wichtig ist, das hinter einem bestimmten Verhalten stehende Bedürfnis des Mitarbeiters zu klären und dann gemeinsam nach einer Lösung zu suchen.
  • Jeder Konflikt besteht aus einer Beziehungsebene (das Zwischenmenschliche "Wie wurde etwas gesagt?") und einer Sachebene (die Fakten "Was wurde gesagt?"). Die Beziehungsebene sollte immer zuerst geklärt werden.
  • Nehmen Sie Mitarbeiter bei Veränderungen mit, in dem Sie neuen Prozessen Sinnhaftigkeit geben (z.B. durch einen Kick Off-Termin), sie vorhersehbar (z.B. mit Schulungen) und dadurch handhabbar machen. Das schafft Vertrauen.